Nach einer fünfstündigen
Autofahrt von Sucre nach Sopachuy sind wir überraschend pünktlich und gut in
unserem Dorf angekommen. Doch das erste Hindernis wartete nicht lange auf sich.
Von unserer Gastfamilie konnte uns niemand abholen und so bekamen wir von
Arturo (Verantwortlicher von HIB) lediglich die Namen unserer Gasteltern in die Hände
gedrückt.
Sopachuy ist ein kleines
Dorf mit nur 2000 Einwohnern. Doch hat man absolut keine Ahnung in welche
Richtung man laufen muss und aus unerklärlichen Gründen keiner der Einwohner
die Namen unserer Gasteltern Mariela und Hugo kannte, kann so ein kleines Dorf
doch sehr schnell, sehr groß werden. Also irrten wir eine Weile an der Plaza
herum, waren für einige Minuten die Hauptattraktion des Dorfes und wurden
schließlich von Angél, unserer jüngeren Gastschwester gefunden und zum Hostel geführt.
Und hier sind wir nun.
Ich teile mir mit Eri ein Zimmer und Miri hat ein Einzelzimmer. Das Hostel an
sich ist eigentlich relativ groß. Es bietet Platz für die fünfköpfige Familie,
uns 3 Voluntarias, einige Zimmer für Gäste und natürlich für die 4 Katzen, 2
Hunde, den Papagei und die Schildkröte. Das heißt es ist eigentlich immer etwas
los!
Der Innenhof des Hostels |
Unser Doppelzimmer |
Ich kann schon jetzt
sagen, dass wir echte Glückspilze sind. Sopachuy hat nicht nur landschaftlich
unglaublich viel zu bieten – 2 Flüsse, viele Berge zum Wandern und Felsen zum
Klettern – auch die Menschen, besonders unsere Gastfamilie sind total nett,
offen und herzlich! Häufig sitzen wir nach dem Essen noch zusammen, spielen
etwas oder reden einfach nur. Dementsprechend fühle ich mich hier total wohl
und freu mich auf das Jahr!
El Río |
Neben der eigenständigen
Dorferkundung wurden wir an unserem ersten ganzen Tag hier in Sopachuy
(Freitag, 29. August ´14) auch schon in der Grundschule vorgestellt.
Zuerst begrüßten wir alle
Lehrer und den Direktor und wurden dann von ihm höchstpersönlich allen Schülern
auf dem Schulhof vorgestellt. Dies glich ein wenig einer Militär Parade, da
alle Kinder in Reihe aufgestellt standen und uns im Chor begrüßten. Miri meinte
dann aber, dass das völlig normal sei und es eine Art morgendliches Ritual ist.
Montags wird in den
Schulen dann immer zusätzlich die Flagge gehisst und die Nationalhymne
gesungen.
Von Samstag auf Sonntag
haben wir ein bisschen in meinen Geburtstag rein gefeiert. Das ging
allerdings nicht allzu lange, da wir am nächsten Morgen um 7.30 Uhr frische
Milch trinken sind.
Man nehme ein paar Gläser
plus Alkohol mit und gehe zum nächstgelegenen Bauernhof. Die Kuh wird
angebunden und von Hand direkt in ein Glas gemolken. Dazu füllt man ein wenig
SIngani oder Café al Conac und schwupp di wupp hat man wahnsinnig leckere Milch
zum trinken, die morgens um acht zusammen mit Alkohol doch auch ordentlich
reinhauen kann.
Den restlichen Tag ging
es dann etwas ruhiger zu. Miri und ich waren spazieren und am Mittag kamen
einige Freunde der Familie und es gab total leckeres Essen.
Abends saßen wir dann
noch zusammen, haben ein Lagerfeuer gemacht und Stockbrot gegessen.
Alle haben sich
unglaublich viel Mühe gegeben, mir diesen Tag so schön wie möglich zu
gestalten. An dieser Stelle auch noch einmal herzlichen Dank für die ganzen
Glückwünsche!
Dementsprechend war es
zwar ein anderer, aber trotzdem sehr schöner 19. Geburtstag.
Leckere frische Milch |
Der etwas improvisierte, aber super leckere Geburtstagskuchen |
Ich wurde zunächst einmal
herum geführt, um das Krankenhaus kennen zu lernen. Dabei bekam ich alle
Stationen zu Gesicht und wurde auch gleich mit zur Visite genommen (es gibt
immerhin ganze 2 stationäre Patienten). Wirklich viel verstanden habe ich
nicht, denn spanische Doktorensprache ist muy complicado! Trotzdem war die
Visite sehr spannend, da ich die Möglichkeit bekam alle Ärzte auf einmal kennen
zu lernen.
Den restlichen Tag habe
ich dann den KrankenpflegerInnen in der Patientenaufnahme geholfen. D.h. ich
muss die Patienten wiegen, die Körpergröße messen und die Vitalfunktionen
überprüfen. Also Puls, Blutdruck, Atemfrequenz und Temperatur messen.
Es war ein sehr
spannender Tag und trotz guten Arbeitszeiten (1. Schicht: 8.30-12.00 Uhr;
2.
Schicht: 15.00-18.00 Uhr) extrem anstrengend. Nicht nur die Sprache, auch der
medizinische Bereich an sich ist relativ neu für mich und so muss man sehr,
sehr viele Eindrücke auf einmal verarbeiten. Hinzu kam, dass wir am gleichen
Abend auch noch vom Bürgermeister eingeladen wurden, um uns hier in Sopachuy
offiziell willkommen zu heißen. Danach sind wir todmüde einfach nur noch ins
Bett gefallen.
Der zweite Tag war dann
nicht mehr ganz so spannend. Die Aufnahme der Patienten hat man relativ schnell
raus und wenn es kaum Patienten gibt, hat man nicht wirklich viel zu tun. Deshalb
bin ich etwas deprimiert nach Hause gelaufen, wurde allerdings gleich wieder
überrascht.
An der Türschwelle eines
Hauses stand eine Frau, die ich von dem vorigen Tag aus dem Krankenhaus kannte.
Wie es hier so üblich ist grüßte ich sie freundlich und sie kam mit den Worten
„hola doctora gringita“ auf mich zu, schnappte meinen Arm und führte mich in
ihr Haus. Ich schaute ein wenig verdutzt und sie meinte nur, ich solle mich
hinsetzen. Deshalb dachte ich, dass ich wahrscheinlich auf irgendetwas
eingeladen werde. Aber schade war´s…ihr Mann kam mit einigen Medikamenten,
Spritzen und einem Skalpell auf mich zu und wollte, dass ich irgendetwas an seiner
Hüfte operiere. In dem Moment dachte ich einfach nur oh mein Gott wie komme ich
aus solch einer Situation wieder raus?! Ich erklärte ihnen, dass ich nur eine
Voluntaria und keine ausgebildete Ärztin bin, doch diese Antwort gefiel ihnen
nicht wirklich. Der Mann packte weiter munter seine Utensilien aus bis ich
aufgestanden bin und einfach nur noch die ganze Zeit „no, no puedo hacerlo“
gesagt habe und schlussendlich einfach gegangen bin. Darauf kam dann nur noch die Antwort, ich solle es doch morgen
bitte noch einmal versuchen.
Das war eine krasse
Erfahrung und es ist schon heftig, dass man hier mit weißer Haut und einem
Arztkittel sofort als Arzt angesehen ist und die Menschen denken, man könnte so
etwas.
Die restlichen
Arbeitstage der Woche liefen dann alle relativ gleich ab: wenig Patienten, kaum
etwas zu tun. Ich bin mal gespannt wie sich das noch alles so entwickeln wird
und hoffe, dass ich in Zukunft mehr zu tun habe bzw. auch noch andere Aufgaben
erledigen darf.
Hospital "Virgen de Remedios" |
Der Innenhof des Krankenhauses |
Ansonsten kann man schon
fast sagen, dass hier der Alltag eingekehrt ist. Neben dem Arbeiten und dem
gemeinsamen Essen stehen häufig ein paar Erledigungen an. Die Wäsche – die sich
irgendwie immer sehr schnell ansammelt
und sich leider nicht von selbst wäscht – muss mit kaltem Wasser und per Hand
gewaschen werden, Geschirr für 8 Personen muss gespült werden und das Zimmer
muss häufig aufgeräumt werden. Sonst spielen wir mit den beiden jüngeren
Kindern Angél und Lenin, gehen Wandern bzw. Joggen und schauen abends ab und zu
einen Film.
Trotzdem kann ich bisher
deutlich sagen: Es ist einfach teuflisch gut hier!