Sonntag, 7. Dezember 2014

Fiesta de la Virgen de Remedios


Wie schon angekündigt und auch versprochen kommt hiermit nun ein alleiniger Blog-Eintrag zu der riesigen Fiesta unseres Dorfes. Und mit riesig meine ich volle 8 Tage, an denen durchgängig irgendetwas los gewesen ist und man eigentlich ständig unterwegs war.
Angefangen hat das ganze ganz gemütlich am 20. November, einem Donnerstagabend mit einer Musikgruppe auf der Plaza. Am nächsten Tag wurde zu Ehren der Jungfrau „Remedios“ und zugleich Schutzpatronin Sopachuys eine Messe gehalten, in welcher um ihren Schutz für ganz Sopachuy und den dort lebenden Familien gebeten wurde. Anschließend folgte einer Prozession durch das ganze Dorf, um die Virgen zu präsentieren und zu ehren. Diese endete an einer Kirche an der Plaza, an der sich das ganze Dorf versammelt hatte, um ein gemeinsames Gebet zu sprechen. Gegen Mittag folgte dann ein gemeinsames Essen in der Cancha, bei welchem wie immer viel getanzt, gesungen und auch getrunken wurde.

la Virgen de Remedios

Die Tafel in der Cancha (nur Getränke)

bolivianische Musikgruppe


Am selben Tag ist dann auch noch unser ganzer Besuch aus Sucre und Alcalá angekommen und dieser wurde durch einen gemeinsamen Abend in der Karaokebar beendet. Wir wollten allerdings nicht allzu spät ins Bett, da für Marie, Miri und mich am Samstag ein großes Ereignis bevorstand : la gran Entrada folklórica bei der wir mittanzten. Die vorige Woche hatten wir uns immer wieder mit den Leuten aus dem Krankenhaus verabredet, um gemeinsam  Morenada zu üben. Und aus einer geplanten Woche wurden dann schlussendlich doch nur 3 Abende. Deshalb und auch weil das Kostüm seeeeehr kurz und leider auch seeeeehr pink war konnten wir nicht wirklich einschätzen wie sich wohl der weitere Tag entwickeln würde. Kurz bevor es los ging schwankten wir immer zwischen Gefühlen  wie „ach das wird sicherlich witzig und es ist eine einmalige Erfahrung“ und „oh mein Gott das wird 2h Hall of Shame“. Da wir eh nicht mehr abspringen konnten und auch nicht wollten haben wir uns dann dazu Entschlossen erstere Einstellung anzunehmen. Mit dieser konnten wir die anfänglichen - etwas anzüglichen Kommentare auf unser Auftreten – gekonnt ignorieren und mit viel Spaß an der Entrada teilnehmen. Einmal angefangen mit tanzen wollte man auch nicht mehr so schnell aufhören. Die eigene Musikgruppe, die ganzen gut gelaunten Menschen an den Straßenrändern und das super Wetter machten dieses Ereignis einfach einmalig! Zwei Stunden und ein paar kaputte Füße später standen wir zwar etwas erledigt aber total glücklich auf der Plaza, wo die richtige Party dann erst begann und auch erst gegen 4 Uhr nachts ihr Ende nahm. Es war zwar ein sehr anstrengender aber dafür ein unglaublich spannender und total schöner Tag!

Bailando Morenada

Die Kostüme der Frauen
Ein kleiner Teil der Kollegen aus dem Krankenhaus


Der Sonntag wurde dann vor allem dazu genutzt sich von den letzten zwei Tagen durchfeiern zu erholen und mal wieder etwas Ruhe zu haben, denn am Montag ging es wieder mit Arbeiten los. Das hielt uns allerdings nicht davon ab, uns mit ein paar Freunden zu treffen und einen gemütlichen Abend zu verbringen. Aus dem eigentlich geplanten gemütlichen Abend wurde dann allerdings nichts, da man auf der Plaza den ganzen Chicha Einladungen nicht wirklich aus dem Weg gehen kann.
Am Dienstag schafften wir es dann tatsächlich auch mal zu den täglichen Stierkämpfen zu gehen. Dabei ist das Ziel allerdings nicht wie in Spanien den Stier zu töten, sondern lediglich das um den Hals gebundene Tuch zu erwischen. Trotzdem war die Sache nicht ganz ungefährlich, da ab und zu Stiere durch die nicht ganz so stabilen Holzzäune durchbrachen. Auch ob das Ganze nun weniger Tierquälerei ist, muss jeder für sich entscheiden.

La Corrida de Toros


Am Abend haben wir dann noch zufällig ein paar Kollegen von mir getroffen, die Marie und mich natürlich nicht nach Hause gingen lassen, sondern gleich mal mitgenommen haben. Und in Deutschland kann man sicherlich nicht sagen, dass man mit seinem Chef, zwei Oberärzten und ein paar Medizinstudenten bis in die Nacht trinkt, feiert und einfach einen lustigen Abend hat.
Die Tage danach liefen dann alle ähnlich ab. Abends war immer etwas an der Plaza los und mittags standen wieder Stierkämpfe an.  Am 28. November, den letzten Tag der Fiesta war dann nochmal eine große Abschlussfiesta angesagt.
Insgesamt waren es sehr anstrengende aber auch ereignisreiche und spannende acht Tage, da sehr viele Menschen, auch außerhalb Sopachuys da waren und somit im Dorf immer etwas los war.

Und nun ist es auch schon wieder Anfang Dezember - es sind Schulferien, das Dorf ist dementsprechend leer, da die meisten zu ihren Familien aufs Campo oder in die Städte gehen und ich muss nur noch kommende Woche arbeiten, dann hab auch ich endlich mal frei.
Die freie Zeit wird vor allem mit viel Reisen gefüllt. Am 15. Dezember geht’s für eine Woche nach Iquique, Chile und dann nochmal für ein paar wenige Tage zurück nach Sopachuy, um gemeinsam mit der Familie Weihnachten und Opa Carlos´ Geburtstag zu feiern.
Am 28. Dezember startet dann endlich unsere große Bolivien und Peru Reise, die Ende Januar mit dem Zwischenseminar in Sucre beendet wird.
Da ich in nächster Zeit sehr viel unterwegs sein werde, weiß ich nicht genau wann ich mich das nächste Mal melden werde. Deshalb auch schon einmal die Kurzinfo vorweg, was ich in der nächsten Zeit alles so machen und wo ich mich so rumtreiben werde.
Macht´s Gut und bis dahin!! :)

Sonntag, 16. November 2014

kleines Dorf, große Fiestas


Mein letzter Blog-Eintrag ist zwar noch nicht allzu lange her, doch in den wenigen Wochen ist schon wieder einiges passiert, über das ich gerne berichten möchte.

Am 30. Oktober wurde der 433 „Aniversario de Sopachuy“ gefeiert. Am Abend zuvor fand ein Desfile, also ein Art Umzug mit Fackeln und Laternen statt. Dafür hat sich das komplette Dorf versammelt und ist dann gemeinsam durch die Straßen Sopachuys gelaufen, natürlich jeweils in die einzelnen „Einrichtungen“ unterteilt. Die Alcaldía (das Rathaus) hat die ganze Gruppe angeführt, gefolgt sind das komplette Krankenhauspersonal inklusive mir, die ganzen Schulen und zu Schluss der Kindergarten. Das Ziel war die Plaza, bei der sich das Desfile aufgelöst und die Fiesta angefangen hat.
Am nächsten Morgen fand das Gleiche bloß im black and white Dresscode statt. Zuvor aber durfte man sich noch ca. 2h Reden von allen wichtigen Leuten aus Sopachuy und des Gobierno de Chuquisaca anhören. Danach folgten wieder mehrere Runden durch das Dorf mit anschließendem Fotoshooting. Beendet wurde dieser Tag durch eine Parade des bolivianischen Militärs.
 
Das Desfile am Mittwochabend

Marschieren vor dem Gobierno de Chuquisaca und dem Bürgermeister

Mit ein paar Arbeitskollegen 


Das Wochenende über den 31.10 - 02.11.14 war Todos Santos. Todos Santos ist auf keinen Fall mit Allerheiligen in Deutschland zu vergleichen, sondern eher mit dem „Día de los Muertos“ aus México. Denn dieser Tag ist kein Tag der Trauer, sondern eher ein Tag der Freude und vor allem des Feierns. Die Menschen feiern, dass die Toten unter ihnen sind und ihre Geister mit uns auf der Erde weiterleben. Deshalb wurde am Freitag großzügig ein Tisch mit allerlei Essen, Gebäck und Getränken angerichtet. Jedoch war dieser nicht für uns bestimmt, sondern für die Geister der Verstorbenen Angehörigen.
Allerlei Köstlichkeiten für die Verstorbenen

Am Samstag wurde gegen Abend eine Messe auf dem Friedhof gehalten, bei der mindestens 3 Stunden lediglich Namen von Verstorbenen vorgelesen wurden. Zuvor wurden alle Gräber schön hergerichtet und mit Kerzen und allerlei persönlichen Dingen geschmückt. Denn während der Messe konnte man zu den Gräbern gehen, um für die Verstorbenen zu beten- jeweils 3 Rosenkränze und 1 Vater-Unser. Als Dankeschön, dass man für die Seele des Verstorbenen gebetet hat, haben die Angehörigen einem ein kleines Geschenk gegeben, meist typisches Todos Santos Gebäck. Besonders hat mich die Geschichte eines kleinen Mädchens berührt. Sie kam auf dem Friedhof auf mich zu und meinte ich solle ihr folgen, um zu ihrem Bruder zu gehen. Dieser ist kurz nach seiner Geburt gestorben, da er ein Herzfehler hatte und sich die Familie eine Operation von 1.000 US Dollar nicht leisten konnte. Also setzte ich mich zusammen mit ihr um das Grab und wusste nicht so ganz wie ich mich verhalten sollte. Aus Deutschland bin ich gewohnt, dass es sobald um den Tod eines Angehörigen geht trübe Stimmung und Trauer herrscht. Hier aber saßen alle fröhlich um das Grab herum und unterhielten sich fleißig. Auch wenn es sehr ungewohnt war, war es auf jeden Fall eine schönere Art und Weise mit dem Tod umzugehen. Der Abend wurde dann wie fast immer mit viel Chicha beendet.

Die geschmückten Gräber


Am Sonntag sind wir dann extra früh aufgestanden, um eine weitere Tradition an Todos Santos kennen zu lernen. Der Tag begann zuerst mit einer Messe - dieses Mal auch in einer Kirche und nicht auf dem Friedhof – bei der erneut alle Namen der Verstorbenen vorgelesen wurden und mit einem Gottesdienst beendet wurde. Danach standen einem alle Türen von Familien offen, bei denen seit vergangenem Todos Santos Angehörige gestorben sind. Zuerst war es komisch einfach in fremde Häuser hinein zu gehen, aber mit der Zeit gewöhnte man sich daran, da die Menschen es eher als Geschenk betrachteten, wenn man zu ihnen kam und für den Verstorbenen gebetet hat. Denn je mehr Menschen für diesen beten, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er seinen Frieden im Jenseits findet. So zumindest die Erklärung unseres Gastvaters.
Im Laufe des Tages stellte sich diese Tradition jedoch eher als eine große Sauftour heraus. Denn als Dank folgten wie am Vortag nun nicht mehr nur Gebäck, sondern auch große Mengen an Alkohol. Im ersten Haus freuten wir uns noch über eine Suppe, eine komplette, warme Hauptspeise, ein Glas Chicha und Leche de Tigre. Von 9-16.00 Uhr unterwegs und 7 Häuser später könnt ihr euch ja vorstellen wie wir uns gefühlt haben…ich habe aber definitiv noch nie an einem Tag so viel auf einmal gegessen und getrunken. Der einzige Vorteil war, dass der Kater schon am gleichen Abend einsetzte und somit am nächsten Tag schon wieder vorüber war. Montag war zum Glück Feiertag und das war auch mehr als nötig, um sich von dem Wochenende zu erholen.


Die restliche Woche ging dann wieder schnell rum, da wir Donnerstagabend nach Monteagudo aufgebrochen sind, um einen Geburtstag einer Mitfreiwilligen zu feiern. Doch schon allein die Fahrt dorthin stellte sich als kleine Herausforderung heraus, da wir nicht mehr allzu viel Geld übrig hatten und die Verbindungen nicht ganz eindeutig waren. Über einen Arbeitskollegen habe ich erfahren, dass es angeblich ein Flota von Tomina (das nächst größere Nachbardorf Sopachuys) nach Monteagudo so „um ca. halb 9 glaube ich“ geben soll. Da man nach 3 Monaten Aufenthalt in Bolivien definitiv gelernt hat, dass man sich nicht immer 100%ig auf solche Aussagen verlassen kann sind wir also auf gut Glück nach Tomina gefahren. Dort kam die Flota zwar erst 1 ½ h später, aber sie kam und somit sind wir immerhin auch in Monteagudo angekommen. Da die WG dort zwar eine eigene Wohnung besitzt, aber nicht allzu viel Platz hat, haben wir uns schon im Vorhinein dazu bereit erklärt auf dem Küchenboden zu schlafen. Dementsprechend war die Nacht etwas kurz, aber somit hatten wir immerhin viel Zeit um die Stadt zu erkunden. Und mit Stadt meine ich auch Stadt, da Monteagudo ungefähr wie Sucre bloß in etwas kleiner ist. Deshalb ging der Tag auch schnell rum und abends haben wir dann gemeinsam Maddy´s 19. Geburtstag gefeiert.
Am nächsten Tag waren wir die ganze Zeit auf dem „Día de la Tradición“. Es gab wie immer viel Essen, Trinken und Tanz und es glich ein wenig einem Rummelplatz. Da Monteagudo ziemlich weit weg von uns liegt mussten wir uns allerdings schon am Samstagabend wieder auf den Rückweg machen.
Und jaa…dieser Rückweg war eine ganz eigene Sache für sich…
Wir waren dann also mal wieder in unserem geliebten Tomina – dieses Mal um 12 Uhr nachts- und sind deshalb mit wenig Hoffnung auf eine Mitfahrgelegenheit die Hauptstraße auf und ab gelaufen. Allerdings haben wir außer mehr oder weniger brauchbaren Tipps von Betrunkenen nicht wirklich mehr in Erfahrung bringen können. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen zum nächst größeren Dorf Tarabuquillo zu laufen, da wir nicht schon wieder so ewig Zeit in diesem Dorf verbringen wollten und die nächste Flota nach Hause erst um 13 Uhr kam. Zum Glück hat uns dann aber das herannahende Gewitter von dieser Schnapsidee abgehalten, denn wie wir später herausgefunden haben sind es ca. 20 km von Tomina nach Tarabuquillo. Das wäre definitiv eine lange Nachtwanderung geworden!
Mittlerweile halb 2 Uhr nachts haben wir uns dann aufgemacht ein Alojamiento zu suchen. Etwas vergebens, da wir nur noch 30 Bolivianos für drei Personen hatten und der Besitzer unsere Idee, dass wir nur im Foyer bleiben und kein Zimmer wollen, auch nicht die Beste fand. Also irrten wir weiter herum und wussten nicht genau was wir machen sollten. Zumal ein Haufen betrunkener Männer an der Plaza eine Fiesta feierten und uns drei Mädels das nicht ganz so geheuer war. Als sie anfingen uns nicht nur hinterher zu pfeifen, sondern auch hinterher zu laufen waren wir ganz schnell einig, irgendeinen Unterschlupf zu suchen. Das nächst Beste was wir gefunden haben war ein noch nicht fertig gebautes und leerstehendes Haus – zumindest glaubten wir das! Also warteten wir ab bis die Männer weg waren und legten uns dann ziemlich erschöpft auf den Boden. Und nein es hat nicht nur gereicht, dass es übertrieben kalt war, wir wurden auch noch von Moskitos zerstochen. Trotzdem glaubten wir uns nun ein bisschen sicherer und konnten sogar die Augen etwas zumachen.
Allerdings nicht lange, da kurze Zeit später ein Mann, Oberkörperfrei und in Flip-Flops in dem „Zimmer“ stand und uns mit seiner Taschenlampe anleuchtete. Wie kleine Kinder verdeckten wir unsere Gesichter gemäß dem Motto „wenn wir ihn nicht sehen, kann er uns auch nicht sehen“ :D Als er dann tatsächlich ohne etwas zu sagen wieder verschwand packten wir  alles zusammen und sind in Richtung Tarabuquillo losgelaufen.
Mittlerweile war es immerhin gegen 5 Uhr morgens und nicht mehr ganz so dunkel wie anfangs. Kurze Zeit später konnten wir sogar ein Auto anhalten (auf dem Rücksitz lag ein Gewehr), das uns immerhin etwas in die richtige Richtung mitnehmen konnte. Von diesem Punkt an hätten wir noch 15km nach Tarabuquillo zurücklegen müssen. Total fertig von den letzten, nicht ganz so komfortablen Nächten trotteten wir also den Weg entlang. Nachdem wir einige Autos angehalten haben, die gefühlt überallhin bloß nicht nach Sopachuy gefahren sind machten wir deprimiert Pause an einem Straßenrand. Das war das erste Mal, dass ich Bolivien für seine unendlichen Landschaften ohne jegliche Zivilisation verachtet habe. Zum Glück nicht allzu lange, da dann endlich ein Auto kam, das sogar bis nach Sopachuy durchgefahren ist und wir pünktlich zum Frühstück zu Hause waren. Wir waren so erledigt, dass wir den kompletten Tag durchgeschlafen haben und erst am nächsten Morgen wieder aufgestanden sind.
Im Nachhinein war es echt ein sehr lustiges Erlebnis, hätte allerdings auch anders ausgehen können!
 
Der wohl luxuriöseste Schlafplatz

Und das wars dann auch schon wieder von mir. Ich werde mich aber bald wieder melden, da nächste Woche die große Fiesta der Virgen Sopachuys ist und ich voraussichtlich mittanzen werde, das wird ein Spaß bei meinen Tanzkünsten :D

Montag, 27. Oktober 2014

La Vida Cotidiana

Mittlerweile herrscht hier in Sopachuy Alltag. Die Tage unter der Woche verlaufen meist gleich ab, da wir jeden Tag in die Arbeit müssen und zu anderen größeren Aktivitäten die Zeit dann meistens nicht reicht. Es hat sich nur insofern etwas geändert, dass ich nachmittags nur noch montags und mittwochs im Hospital arbeite und die restlichen Tage zusammen mit Miri Englisch Nachhilfe gebe. Das bringt ein bisschen mehr Abwechslung und gibt uns gleichzeitig die Möglichkeit, ein paar Anschlüsse im Dorf zu finden. Die Arbeit im Krankenhaus wird so langsam auch immer spannender. Ich darf mittlerweile vermehrt bei den Ärzten zuschauen und auch ab und zu in der Notaufnahme helfen. Trotzdem gibt es nach wie vor Tage, an denen ich nichts machen kann und neue Rekorde im Wattebällchen formen aufstelle.
Außerdem dürfen Miri und ich jetzt immer montags und freitags für die ganze Familie kochen, da wir etwas früher von der Arbeit heimkommen als die anderen. So kommen zumindest ab und zu – auch wenn das Essen von unserer Gastmutter der Hammer ist -etwas weniger  Kohlenhydrate und etwas mehr Gemüse auf die Teller, da wir dann auch bestimmen dürfen was es zu essen gibt. Dadurch und durch häufiges Joggen versuchen wir dem weiteren Zunehmen entgegen zu steuern. Das ist  hier allerdings gar nicht so einfach, da wir für den Geschmack vieler Bolivianer zu dünn sind und auch zu wenig essen.
D.h. im Allgemeinen, dass wir unter der Woche neben Arbeiten, Kochen und gelegentlichem Ausruhen zu nicht viel kommen, wir dafür aber immer versuchen die Wochenenden möglichst abwechslungsreich zu gestalten. 

Am Sonntag vor 3 Wochen  hatten wir zum Beispiel einen etwas spontanen Besuch von den Verantwortlichen unserer Organisationen. Nicht nur Don Arturo von „Hostelling International“, auch Norbert Wenzel von unserer deutschen Organisation „Volunta“ beehrten uns mit ihrer Anwesenheit. Außerdem hatten wir zuvor schon ausgemacht, dass uns Marie, Mara und Volkan aus Alcalá besuchen kommen, da sie schon länger mal sehen wollten wie wir hier so leben. Und wie es eben so häufig ist, fällt immer alles auf ein und denselben Tag. D.h. am Sonntag waren dann insgesamt 14 Leute da, für die natürlich auch gekocht werden musste. Deshalb standen Miri und ich schon ab 10 Uhr in der Küche und haben aufgrund fehlenden Zutaten eine etwas improvisierte, aber dennoch sehr leckere Lasagne gezaubert bekommen. Zwischendurch haben wir uns dann auch noch dazu entschieden Pizza zu machen, da wir befürchteten nicht alle satt zu bekommen und wir nicht ausreichend Zutaten für genügend Lasagne hatten. Denn es musste natürlich auch jeweils einen vegetarischen Teil und einen mit Fleisch geben. Dies alles schafften wir nur durch die tatkräftige Unterstützung durch Marie, Mara und Volkan und das 3-Gänge Menü stand dann tatsächlich rechtzeitig auf dem Tisch und schmeckte allen zum Glück super. Somit haben wir den kompletten Vormittag gekocht und gegen später noch mehr gegessen.
Nachmittags haben wir uns dann noch zusammen auf dem Weg zum Fluss gemacht und verbrachten dort den restlichen Tag. Auch wenn wir eigentlich nichts Außergewöhnliches gemacht haben, war es einer der schönsten Tage in Sopachuy und ich hatte mich das erste Mal durch und durch wohl gefühlt.
große Versammlung
das hammer Essen - bzw. die Reste davon

Das darauf folgende Wochenende sind wir nach Sucre gefahren, um mal wieder einen Geburtstag zu feiern.  Jedoch war dieses Wochenende ein denkbar schlechtes, um groß feiern zu gehen, da am Sonntag die Präsidentschaftswahl anstand und deshalb alles Clubs und Bars geschlossen waren. In Bolivien herrscht nämlich Wahlpflicht und deshalb waren alle Lokale, die normalerweise Alkohol ausschenken geschlossen. Dadurch soll betrunkenen Bolivianern, die dann womöglich nicht wählen gehen können vorgebeugt werden.
Angetreten sind insgesamt 4 Kandidaten, von denen der bisherige Präsident Evo Morales (MAS) und Samuel (UID – Unidad Demócrata) die beiden Favoriten waren. Evo ist der erste Präsident indigener Abstammung und deshalb vor allem bei der indigenen Bevölkerung sehr beliebt. Diese macht nach wie vor den Großteil aller BolivianerInnen aus und deshalb galt er auch von Anfang an als Favorit. Insgesamt haben wir aber – bis auf seltene Wahlkampfveranstaltungen und Werbungen der Parteien – nicht wirklich viel von den Wahlen mitbekommen und auch erst einige Tage danach erfahren, dass Evo Morales erneut zum Präsident Boliviens gewählt worden ist.
Werbung der MAS auf Häuserwänden

Mittlerweile geht es auch immer mehr auf den Hochsommer und dadurch auch auf die Regenzeit zu. Dabei wird die 30 Grad Grenze fast jeden Tag überschritten und es zieht einen dementsprechend oft an den Río. Dies war zum Beispiel das letzte Wochenende der Fall. Zuvor hatten wir aber noch eine große Putzaktion gestartet. Wir haben die komplette Wäsche gewaschen, unsere Zimmer und das Bad geputzt und dabei gefühlt dem Dreck von Jahren zuvor auf die Schliche gekommen und erfolgreich entfernt. Und zack…3 Tage später später sieht es genauso aus wie davor. Putzen ist ja eine soo motivierende Arbeit.
Trotzdem haben wir es an diesem Wochenende auch tatsächlich einmal geschafft uns mit ein paar Colegio-Schülern zu verabreden und mit ihnen zum Río zu gehen. Dies war anfänglich eine etwas komische Situation, da die Bolivianer zwar im Allgemeinen  bei ersten Begegnungen unglaublich nett und interessiert sind, geht es aber um mehr als nur netten Smalltalk, sind sie häufig verschlossen und schwer zu knacken. Also wie immer: Geduld haben, auf die Leute zugehen und dem Ganzen Zeit geben.

Und nun noch eine ganz aktuelle Information: seit Freitag ist nämlich Marie aus Alcalá bei uns und wird hier in Sopachuy ihren restlichen Freiwilligendienst absolvieren. Ihr hatte es in Alcalá nicht so sehr gefallen und deshalb hat sie sich dazu entschieden, das Dorf und das Projekt zu wechseln. Nun sind wir 4 Mädels..mal schauen ob das gut geht, aber wir sind alle ganz zuversichtlich und werden sicher viel Spaß haben.

Das war´s dann auch schon wieder von mir! Aber ich werde mich sicher ganz bald wieder melden, da hier in nächster Zeit einiges passieren wird und viel Programm ansteht. Diese Woche ist zum Beispiel todos Santos, der Aniversario von Sopachuy und dann steht im November noch die große Fiesta der Virgen de Remedios an. Bis dahin und liebe Grüße aus Bolivien

Samstag, 4. Oktober 2014

Un mes en Sopachuy

Ich kann es kaum glauben, aber ich bin jetzt schon 2 Monate in Bolivien und davon etwas mehr als 4 Wochen in Sopachuy. Wenn man zurück schaut ging die Zeit einerseits sehr schnell vorbei, denn wir haben sehr viel unternommen und dementsprechend viele neue interessante Menschen und Dinge kennengelernt. Aber andererseits gab es mittlerweile auch schon die ersten Tiefschläge, in denen es ziemlich schleppend voran ging. Aber mehr dazu jetzt:

Vor 3 Wochen waren wir zur „Fiesta de la Virgen de Guadalupe“ das Wochenende über in Sucre. Die Jungfrau Guadalupe ist die Schutzpatronin Sucres und zu ihrer Ehren wurde von Freitag bis Sonntag eine Parade veranstaltet. Unglaublich viele Tanzgruppen tanzten mehrere Stunden durch die ganze Stadt. Von Caporales über Morenada zu Tinku waren alle traditionellen Tänze dabei und sah die schönsten und auch verrücktesten Kostüme. Es war total packend, denn nicht nur die Parade war schön anzuschauen, auch die ganzen Geschäfte und das Leben der Menschen wurde an diesem Wochenende auf die Straßen Sucres verlagert. Somit herrschte in der kompletten Stadt eine tolle Stimmung und es war ununterbrochen etwas los. Neben dem Feiern war es auch schön die anderen  Freiwilligen endlich mal wieder zu sehen und deren Geschichten über ihre Erfahrungen in den Dörfern zu  hören. Zum Glück geht es allen ganz gut und sie sind soweit zufrieden. Dementsprechend ging das Wochenende leider viel zu schnell rum und es war schon wieder Montag und Zeit zu arbeiten. 
Caporales
Tinku 


Morenada

Von meiner Arbeit gibt es eigentlich nicht allzu viel Neues zu berichten. Ich arbeite nach wie vor in der Patientenaufnahme und sobald es keine Patienten mehr gibt, gibt es schlichtweg nichts zu tun. D.h. ich verbringe Großteil meiner Zeit mit Warten. Deshalb kommt etwas Abwechslung wie z.B. eine Fahrt aufs Campo sehr gelegen. Vom 8. bis zum 21. in jedem Monat fährt die Ambulancia täglich zu einer Streusiedlung Sopachuys, um die dort lebenden Menschen medizinisch zu versorgen. Und an einem von diesen Tagen sind Miri und ich mitgefahren. Den Tag vorherhieß es, dass wir um 8 Uhr morgens los fahren werden. Deshalb standen wir eine halbe Stunde früher als üblich auf und waren mit deutscher Pünktlichkeit noch im Blut um 7.50 Uhr im Krankenhaus…leider standen wir dort alleine. Nachdem dann die ersten Ärzte kamen und wir erfahren haben, dass es wohl erst etwas später losgehen wird stand mal wieder Warten auf dem Programm. Zwischen durch hieß es dann auch, dass wir gar nicht mehr fahren werden und nach viel hin und her saßen wir dann schließlich  um 10 Uhr in der Ambulancia. Natürlich erst, nachdem noch ein Halt an einer Tienda eingelegt wurde, um ein paar Salteñas und Cola zu kaufen. Nach einer 20minütigen Fahrt durch das Gelände Boliviens kamen wir auch schon in San Antonio an. Dort leben nur zwei Familien, dementsprechend gab es auch kaum Patienten. Deshalb und auch, weil auf den Außendörfern ausschließlich Quechua gesprochen wird, konnten wir nur wenig machen und es ging nach einem gemeinsamen Mittagessen wieder nach Hause. Achja eine Fahrt mit 80km/h über Kopfsteinpflaster ist übrigens sehr amüsant.

Ein Klassenzimmer als Behandlungsraum

Das letzte Wochenende war dann genauso ereignisreich wie das davor. Am Samstag sind wir per Pferd zu den Wasserfällen außerhalb Sopachuys geritten. Das ist eine Gesamtstrecke von 24km und wir haben für den Hin- und Rückweg jeweils 3 ½ h gebraucht. Schon allein der Weg dorthin ist atemberaubend. Er schlängelt sich durch eine gewaltige Kette von Bergen immer weiter flussaufwärts. Die letzten 15min mussten wir dann zu Fuß zurück legen und etwas klettern. Je weiter man geklettert ist, desto größer und gewaltiger wurden die Wasserfälle, bis man schlussendlich zum letzten und größten Wasserfall mit einer Höhe von 80m gelangte. Auch die Umgebung verwandelte sich immer mehr in einen tropischen Regenwald und man befand sich in unberührter Natur, weit weg von jeglicher Zivilisation. Aufgrund des schlechten Wetters konnten wir leider nicht schwimmen und mussten nach einer zu kurzen Pause auch schon wieder zurück. Es war ein wunderschöner Tag, aber ich glaub ich hatte noch nie solche Schmerzen im Po, da die Montura der Pferde nicht allzu komfortabel waren.
Das Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde

auch der Fluss war nicht sicher vor uns

Der Weg durch die Gebirgsketten

der kleinste Wasserfall
der letzte und größte Wasserfall

Wegen des „Día del Médico“ sind Miri und ich am Sonntag mit dem kompletten Krankenhaupersonal zu einem Sportwettkampf nach Tomina, einer Nachbarstadt Sopachuys gefahren. Die Abreise stellte sich erneut als eine kleine Herausforderung heraus. Es musste vorher noch eingekauft werden und Miri und ich mussten nochmal nach Hause, da uns niemand gesagt hat, dass wir Teller und Besteck benötigen. Mit einer 1 ½ stündigen Verspätung ging es dann auch ging es dann auch los, bis wir nach 5 Minuten wieder anhielten. Dann verbrachten wir weitere 40min  wartend an einem Straßenrand, das wir bis heute noch nicht verstehen weshalb. Eine Stunde später sind wir dann in Tomina angekommen, wurden vom dortigen Krankenhauspersonal begrüßt und zum Frühstück eingeladen. Danach ging es in eine Messe, die sich selbstgestaltet und mit Kirchenbesuchern in Jogginganzügen etwas anders, dennoch interessant gestaltete. Zum Mittagessen sind wir zum Grillen an den Fluss gefahren. Das bolivianische Grillen charakterisiert sich vor allem durch Fleisch, einer riiiiiesen Menge an Fleisch! Dabei war es egal, ob Frau oder Mann, für jeden wurde ein halbes Kilo eingeplant. Dementsprechend gesättigt viel der Sport danach anfangs etwas schwer, machte aber unglaublich viel Spaß. Wir spielten bis zum frühen Abend Fußball, Basketball und Volleyball gegen die Mannschaften des Krankenhauses aus Tomina.  Danach stärkte man sich erneut mit einer ordentlichen Portion an Essen, um diese durch langes Tanzen danach wieder ab zu trainieren. Zwischendurch erfuhren wir, dass unser Bus ohne uns nach Hause gefahren ist. Also warteten wir einfach mal ab, da uns eh niemand genau sagen konnte wann und wie wir nach Hause kommen würden. Zwischendurch war geplant in die Flota um 23Uhr aus Sucre einzusteigen. Schade, dass eh nur Miri und ich danach schauten, die anderen munter weiter getanzt haben und die Flota sowieso nicht vorbei gekommen ist. Nach 17 Stunden auf den Beinen und etwas müde machten Miri und ich uns weiter daran herauszufinden wie wir nach Hause kommen. Etwas vergebens, da uns alle sagten, dass es keinen Weg mehr gäbe nach Hause zu kommen. Über die Unbekümmertheit alle waren wir etwas überrascht, warteten aber mal wieder ab, da uns eh nichts anderes übrig blieb und stellten uns schon auf eine lange Nacht in Tomina ein. Plötzlich sprang eine Person auf und alle rannten zur Hauptstraße. Ganz verstanden haben wir auch das wieder nicht, sind dann aber wenigstens um halb 2 mit einem Privatauto nach Hause gekommen. Trotz einigen Missverständnissen war es ein super Tag, da wir nicht nur viel Sport machen konnten, sondern auch das Krankenhauspersonal besser kennenlernen konnten und fast alle einfach total nett sind. 

Ja, unter dem Fleisch befinden sich sogar noch Beilagen

Das Tanzen danach

Die letzte Woche über war wegen des „Día del Estudiante“ und eines Sportwettkampfes ziemlich viel los in Sopachuy. Fast jeden Abend wurde tanzen geübt, um dies am Donnerstag vor allen Sopachuyesen vor zu führen. Nebenher traten die verschiedenen Schulen in Fußball und Basketball gegeneinander an. Dadurch ist viel Arbeit ausgefallen, die Arbeitstage gingen dementsprechend schnell rum und die Woche wurde durch ein super Wochenende in Sucre beendet!
Die Gruppe unserer Gastmutter

Alles in allem kann ich sagen, dass ´man hier auf jeden Fall lernt flexibel und spontan zu sein. Außerdem sollte einem Warten, ohne meistens den Grund zu kennen auch nicht allzu viel ausmachen. Es ist komisch, aber Abmachungen ändern sich fast immer und es bekommen irgendwie immer alle mit, außer wir Voluntarias. Von daher warten eigentlich immer Überraschungen auf einen. Ich bin mal gespannt, ob sich das noch ändern wird. Ob es z.B. an unserem noch nicht perfekten Spanisch liegt und wir deshalb nicht alles verstehen, oder ob das hier einfach so üblich ist. Dadurch wird es einem auf jeden Fall ein bisschen schwer gemacht sich ein zu gewöhnen, da man sich öfters ein bisschen dumm und fehl am Platz fühlt. Anfangs war es schwer sich daran zu gewöhnen, doch ich merke, dass man sich mit der Zeit immer weniger darüber aufregt und es nicht mehr so an sich ran lässt. Das ist wohl einfach auch ein Teil der Mentalität hier im Land, das alles etwas gelassener vor sich geht.
Das ist eben genau etwas, mit dem ich in letzter Zeit öfters konfrontiert wurde und noch lernen muss,  damit klar zu kommen. Ich merke aber auch, dass man sich schneller an Dinge gewöhnt, als man denkt. Eine warme Dusche, Waschmaschine und Internet sind eben doch nicht so lebensnotwendig wie ursprünglich mal angenommen. Auch wenn es manchmal ein bisschen schwierig ist, versuche ich positiv zu denken und an den Herausforderungen zu wachsen. Genau deshalb freue ich mich trotz allem auf das weitere Jahr und welche Entdeckungen bzw. Erfahrungen ich noch machen darf!